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wie Du

VON LEON ZECHMANN //

Ich will mich im heißen Wasser auflösen. An meiner Haut ist nichts, das mir gehört. Die gewölbte Brust ist nicht gewölbt genug, also zersetz dich, Korb. Die Wanne wurde an allen Stellen cremefarben geschrubbt. Ich war das. Mein Zeh verbrennt sich beim Eintauchen und mein Körper folgt, ohne nachzudenken. Es tut nicht weh. Also steige ich wieder aus, ich tropfe auf den Flurboden, auf dem Weg zum Wasserkocher. Während die Blasen fein über dessen Schnabel tanzen und der Rauch und sein Geräusch die Wände skizzieren, rieche ich an dem Kleid, das du mir hinterlassen hast. Es passt nicht, du bist zu groß, das Wasser ist gekocht.


Es plätschert in den Wasserspiegel. Wenn ich mich von unten sehe, sieht es aus, als hätte ich Brüste. Das Kleid ist geformt für Brüste. Ich verbrenne mir den Zeh beim Eintauchen. Das gekochte Wasser hat keinen Eindruck hinterlassen. Der Stoff wallt über meine Form, während ich sinke. Die Decke im Winterhaus legt sich auf den Platz vorm Kamin. Ich zerfließe nicht. Auch wenn mein Körper mich ablehnt, trägt er mich. Er behält seine Konstanz. Ich fasse mir an die Beine und die Haare dort spürt man kaum unter dem heißen Wasser. Vor und zurück, Wogen bis an meine Wangen, in diesem Raum ohne Augen und Fenster.


Es gibt nichts zu offenbaren vor mir selbst. Atmen vergessen. Beim Auftauchen spritzt es die schlecht tapezierten Wände voll. Alles bricht und bröckelt in diesem Haus. Irgendjemand spielt laut Musik und schreit vor der Haustür. Ich tropfe durch das Bad und über den Flur. Bis ans Fenster der Ein-Raum-Wohnung, wo die Jalousien ohne Lücken zugezogen sind. Als ich sie mit einem Ruck öffne und das Fenster auch, erwischt mich der Frost. Mein gekochter Körper schaudert unter dem Wind. 


Und dann stehe ich da, vor der uns fremden – stürmische Leuchtsignale im Nachtlicht – Stadt. Am Fliegennetz in deinem durchnässten Kleid, mit platt gebadetem Kragen. Da ist nichts, das auf mich wartet, da draußen. Und es gibt nichts mehr, worauf ich hoffen kann, dort, woher ich komme. Meine Einzelteile sind viel zu fest mit Knochen und Muskeln aneinandergeheftet. Die über Millionen Jahre entstandene Haut hält mich falsch gebildetes Zufallsprodukt in ihr am Leben. Aber für einen Moment bin ich im Angesicht der Welt entgegen all meinen Versuchen vollkommen, wie Du.

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