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milbenausflug


herzlich willkommen! schön, dass sie alle so zahlreich erschienen sind!

sicherlich fragen sie sich, warum wir uns nachts treffen – das liegt daran, dass die landschaft sonst von stoff bedeckt ist, wie frierende felder.

lassen sie uns direkt beginnen, ich hoffe sie haben an festes schuhwerk gedacht, denn es wird glatt, rutschig, steil, verhärtet und nass!

geprägt ist die fauna hier von einem schier unendlich erscheinenden wald.

sie können es ringherum sehen: dünne blätterlose stämme.

je nach planet von einem starken dunkel geprägt, bis hin zu nahezu farblosen exemplaren.

auch wenn sie biegsam sind: versuchen sie mal einen umzuwerfen. sie werden sofort merken, dass das nicht geht, denn sie sind tief in mutter derma verwurzelt.

doch es kann vorkommen, je nach parallelplanet, dass man einer spontanen rodung der vegetation begegnet – ein fürchterlicher anblick. manchmal ist da eine eisglatte fläche bis zum horizont, manchmal gucken harte, spitze baumstümpfe aus dem boden. beobachtet wird das phänomen der rodung oft, kurz bevor zwei welten aufeinanderprallen, aber die forschung steht da noch ganz am anfang.

wissenschaftler:innen sehen aber die tendenz, dass die rodung in jüngster zeit deutlich nachlässt.

doch kein grund zur besorgnis - ich versichere ihnen: nichts wächst hier schneller nach als bäume!

nun würde ich sie bitten, den boden unter sich zu beäugen - sehen sie die violetten und fliedernen flüsse? sie wirken geheimnisvoll, denn sie fließen und sind doch trockenen fußes zu überqueren – etwa so wie wasser unter einer geschlossenen eisdecke.

wenn wir hier hinauf steigen… puh, entschuldigen sie – auch für mich als geübte wandermilbe ist das ein steiler anstieg – kommen wir zu wahrer nässe!

vor ihnen liegen die sagenhaften tropfsteinhöhlen von epidermis! in warmen sommernächten sollte man hier nicht hingehen, es ist einfach zu rutschig!

es ist hochinteressant – die derma ist ein planet, der sein klima selbsttätig reguliert.

doch wird ihm schaden zugefügt, kann er auch darunter leiden. möchten wir weiterziehen? gut, dann folgen sie mir bitte hier hinab. der abhang ist steil, bitte achten sie daher auf ihre vordermilbe!

ah, sehen sie nur! ein spontanvulkan! keine angst, es ist unwahrscheinlich, dass er gerade jetzt ausbricht, und selbst wenn, wäre das spuckgut nicht allzu groß. so schnell sie kommen, so schnell gehen sie manchmal wieder.

trotzdem schön anzusehen, finden sie nicht?

wenn der planet sich entwickelt, gibt es gefühlt tausende von ihnen, einfach herrlich!

kommen wir nun zu einer meiner lieblingslandschaften – sehen sie die verschiedenen risse und sprünge unter ihren füßen? im riss ist die erde andersfarben – klares anzeichen, daß diese welt wächst! hier ziehen sich lange stränge von a nach b; sie sehen aus, als hätte jemand in einer u-bahn versucht, einen geraden strich zu ziehen!

jeder planet ist da aber wirklich einzigartig und vielfältig – wirklich wundervoll!

es gibt auch - den rissen nicht unähnlich - stellen, die andersfarbig sind, sich aber in ihrer beschaffenheit von der umliegenden derma unterscheiden.

sie sind fester, oft breiter, nicht durch bloßes wachstum bedingt, sondern durch erfahrung: wir nennen sie permanentverwulstungen. unter uns: ich benutze dieses wort gerne bei galgenmilbchen, da kommt man nicht so schnell drauf!

manche planeten sind so alt, dass sie diese unglaublichen orte haben, an denen die landschaft von furchen und gräben geprägt ist – der boden sieht knittrig aus.

andere wiederum weisen bunte bilder auf, wirklich, bilder sag ich ihnen! ich habe alles gesehen,wo sie herkommen, wissen wir bis dato noch nicht, doch sogar einen schriftzug „la familia“ habe ich persönlich schon entdeckt!

ist die natur nicht faszinierend?

kolleg:innen behaupten, schon metall gesehen zu haben, stählerne formationen, die durch die epidermis hindurchgehen! ich persönlich halte das für ein legende, geboren aus überreizter fantasie.

je nach jahreszeit gibt es auch hier klimawechsel. manchmal herrscht trockenheit, was sag ich, eine wahre dürrezeit vor, bis es dann weiße creme regnet und sich der boden erholen kann.

bevor wir zum ende gelangen, möchte ich sie an den gefährlichsten ort unserer tour mitnehmen.

ich muss sie um ihrer eigenen sicherheit willen bitten, sich an den händen und fühlern zu halten, wenn wir uns dem gebiet nähern… man kann sich dort schnell verlaufen! In mehreren fällen - das meine ich ernst – es passiert nicht häufig - sind milben von dort nicht mehr zurückgekehrt.

an diesem ort, der zuweilen auch kahlgerodet vorzufinden ist, wachsen die bäume dunkler, ihre stämme sind höher und kräftiger, bis sie sich zu undurchdringlichem gestrüpp, oft gar zu einem dschungel verdichten.

nun gut, auf ins geflecht!


1 Kommentar

1 comentario


Jonasmieth
Jonasmieth
03 feb 2021

Eine wundervoll geschriebene Wanderung über die Haut! So fein und doch so groß geschrieben! <3!

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